Marleen Dahms‘ ALLOY – Running and Belonging

Kein lautes Debüt – aber ein Eindringliches. Der Sound ist warm, melancholisch, manchmal flüchtig, dann wieder rau und ungeschönt. Traditionelle Songformen treffen auf Improvisation, getragene Melodien auf leichtfüßig, afro-lateinamerikanisch anmutende Rhythmen, Flöte auf Blech, Leichtigkeit auf Tiefe.

 

ALLOY – das englische Wort für „Legierung“ – steht symbolisch für Verbindung: für das Ineinandergreifen von Menschen, Geschichten und Erfahrungen. Alles ist miteinander verknüpft. Die Band macht es sich zur Aufgabe, diese Verbindungen hörbar zu machen, ihren Ursprüngen nachzuspüren, Querverbindungen freizulegen – und Neue zu schaffen.

Die fünfköpfige Band um Posaunistin Marleen Dahms schafft Musik, die schwebt, fliegt – und gleichzeitig den Boden nicht verliert. Running and Belonging, das Debütalbum, fragt nach Zugehörigkeit in einer Welt voller Brüche. Nach Verantwortung. Nach Identität. Nach dem eigenen Platz im großen Ganzen.


„Wenn Musik ein Ausdruck der Persönlichkeit ist – geprägt durch Identität – warum mache ich dann Musik, die so stark von Schwarz US-amerikanischen Musiktraditionen und improvisierter Musik, sowie Südamerikanischen Rhythmen beeinflusst ist oder sogar auf ihnen aufbaut, obwohl mein eigener kultureller Hintergrund ein völlig anderer ist?“, fragt Marleen Dahms.
„Wie authentisch kann ich mich durch diese Musik ausdrücken? Was ist meine eigene kulturelle Identität und was bedeutet Identität überhaupt?“

Running And Belonging ist ein intensiver Prozess der Selbstbefragung, der Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte, mit europäischer Geschichte, mit weitergegebenen Denk- und Verhaltensmustern. „Viele Glaubenssätze sind emotional in uns verankert – und lassen sich nicht allein durch rationales Denken auflösen.“ sagt Marleen Dahms. „Wenn man etwas verändern will, muss man auch die Gefühle dahinter verstehen, woher sie kommen und sie vor allem emotional verarbeiten und nicht nur rational“. Das Album ist ein Versuch genau das zu tun: gesellschaftliche und persönliche Themen und Fragen emotional durch Musik zu verarbeiten, innere Bewegungen hörbar zu machen. Nicht, um Antworten zu liefern, sondern um zu spüren, was ist.


Die Musik auf „Running and Belonging“ ist oft melodisch und  eingängig – aber nie gefällig. Sie hält inne und lässt Luft. Der Sound ist warm, melancholisch, manchmal flüchtig, dann wieder rau und ungeschönt. Traditionelle Songformen treffen auf Improvisation, getragene Melodien auf leichtfüßig, afro-lateinamerikanisch anmutende Rhythmen, Flöte auf Blech, Leichtigkeit auf Tiefe.
Im Zentrum steht ein kraftvolles Duo: Marleen Dahms an der Posaune und Lisa Buchholz an der Trompete – zwei Frauen, die gemeinsam eine klangliche Einheit und Wucht entfalten, die mitreißt. Komplettiert wird ALLOY durch Johannes Mann (Gitarre), Luca Curcio(Bass) und Steven Moser (Drums). Als Gäste erweitern der Berliner Flötist Vincent Bababoutilabo und der Percussionist Afrogame aus Salvador de Bahía das Klangspektrum – ihre Farben verweben sich organisch mit dem ALLOY-Sound, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.

Einige Stücke beziehen sich direkt auf Orte, Erinnerungen, Bewegungen. „Opening My Eyes“ etwa entstand nach einer Reise durch Lateinamerika – ein Stück über Privilegien, Kolonialgeschichte und Menschlichkeit. „Aribau“  schwelgt im Gefühl von Gemeinschaft und in den Erinnerungen an ein sicheres Zuhause.

Andere sind abstrakter, aber nicht weniger klar. „Zuflucht“ etwa: ein Versuch, Schuld und Scham in einer Melodie zu verarbeiten. „Ivory Tower“: ein Blick auf westliche Selbstverständlichkeit – auf Kosten anderer. In „Intro / Present Spirits“ wird das Private politisch. Die Erinnerung an Betty Cohn, die bis 1942 in Marleen Dahms’ Berliner Wohnung lebte, bevor sie nach Riga deportiert und ermordet wurde, verdichtet sich zu einem stillen musikalischen Denkmal.

Und dann ist da noch „Shifting Responsibilities“ – ein Stück über deutsche Bürokratie, Verantwortung und Wegsehen.

„Running and Belonging“ ist kein lautes Debüt – aber ein Eindringliches.
Es geht nicht um die große Pose, sondern um ehrliche, musikalisch tiefgründige Auseinandersetzung.

Marleen Dahms‘ ALLOY gelingt es, komplexe Themen mit musikalischer Tiefe und Emotionalität in Klang zu übersetzen. Sie schaffen musikalische Räume, die zum Innehalten einladen – zum Nachspüren, Reflektieren und Verbinden.

Ein Album, das durch seine Fragen spricht – und genau darin seine Kraft entfaltet.

Marleen Dahms – Posaune, Komposition
Lisa Buchholz – Trompete
Johannes Mann – Gitarre
Luca Curcio – Kontrabass
Steven Moser – Schlagzeug
feat. Vincent Bababoutilabo – Flöte
feat. Afrogame – Percussion

https://marleendahms.com/projects/

XJAZZ music   XJM25013   199538531879

Vertrieb: The Orchard

VÖ: 05.12.2025

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