Beckerhoff Berger Ulrich - Cinema

Beckerhoff Berger Ulrich – Cinema    Veröffentlichung: 19.Oktober 2012
Berthold Records / Vertrieb: Ja Kla! / harmonia mundi

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Die Essenz des Jazz für das 21. Jahrhundert – perfektes Timing und Reduktion auf das Wesentliche. Eine beinahe radikale Reduktion, ohne dass der Musik – bei Bedarf – die Opulenz fehlt.

Ein Knalleffekt schon zu Beginn: ein schriller elektroakustischer Glissando-Bogen, dann setzt ein magischer, mitreißender Beat von tiefen Trommeln ein, ein typisch afrikanischer Beat, schließlich heißt das Stück wie die Hauptstadt von Burkina Faso, nämlich „Ougadougou“. Erst dann meldet sich die Trompete mit melodischen Fetzen zu Wort, und das Klavier orientiert sich ebenfalls in Richtung Afrika. Wer je in der staubigen, vom Rhythmus der knatternden Mopeds und der Musik definierten Stadt war, weiß, wie passend hier das musikalisches Portrait gemalt wird. Mit diesem beginnt das neue Album Cinema von Uli Beckerhoff, das der höchst renommierte Trompeter mit seinen langjährigen Weggefährten Michael Berger (Keyboards) und Stefan Ulrich (Schlagzeug) aufgenommen hat. Schlicht Beckerhoff Berger Ulrich – oder kurz und knackig BBU – nennt sich das Trio.

Der Jazz kann mittlerweile auf eine 100-jährige Geschichte mit Höhen und Tiefen zurückblicken, hat dabei auch seine Erfahrungen mit der Elektronik gemacht, hat laut herumgetönt, hat extrem leise Klänge produziert, hat wütend aufbegehrt, hat sich aber auch den Konventionen gebeugt, war Tanzmusik, war Trancemusik, hat sich dabei immer wieder neu erfunden.

Wie ein Quersumme all dessen, wie die Essenz aus den gemachten Erfahrungen klingt der Jazz von BBU: Neu und doch geschichtsbewusst, dabei mal aufregend wagemutig, mal entspannt und abgeklärt. Der CD-Titel Cinema wurde nicht zufällig gewählt, denn Uli Beckerhoff interessiert sich seit langem für das Medium Film, hat selbst Filmmusik komponiert, war außerdem immer mal wieder an dem jährlichen Musikforum „The Look of the Sound“ beteiligt, das sich mit der Darstellung von Musik in Film und Fernsehen auseinandersetzt. In erster Linie allerdings ist Cinema tatsächlich eine musikalische Reise durch die Welt, die in immer neuen Sequenzen und Einstellungen wie ein Film abgespult wird. Das Trio setzt dabei auf eine beinahe radikale Reduktion, ohne dass der Musik – bei Bedarf – die Opulenz fehlte. Uli Beckerhoff arbeitet schon lange mit elektronischen Verfremdungen seines Trompeten-Tons, und hat sein Spiel in jüngerer Zeit immer stärker auf sensitive Schübe reduziert, die nur noch den Kern eines Themas behandeln. Alles schmückende Beiwerk ist überflüssig, es zählt nur der einzelne Ton oder ein präzises Fanal, mal fast gequält verlöschend geblasen, mal strahlend schön. Das „schmückende Beiwerk“ liefert der Pianist Michael Berger, der ein ansehnliches „Keyboard-Museum“ besitzt, das hier für feinste Soundabstufungen eingesetzt wird, mal sind es Klänge wie von einem elektronischen Spinett, mal weitschweifige Soundscapes, die sich regelrecht auftürmen. Dazu liefert Stefan Ulrich mit hoher Präzision und perfektem Timing den ebenso aufs Wesentliche reduzierten Schlagzeug-Puls: Das ist Jazz für das 21. Jahrhundert – eindeutig! Ein großer Wurf von Beckerhoff Berger Ulrich: Jazz in 3-D.

Ulrich Beckerhoff zählt seit mehr als drei Jahrzehnten zu den Spitzenkräften des europäischen Jazz. Er war Mitbegründer wegweisender Jazzformationen wie Jazztrack, Riot und Changes, hat mit einer unüberschaubaren Zahl europäischer und amerikanischer Jazzmusiker der Spitzenklasse gespielt, ist im Auftrag des Goethe-Instituts durch Afrika gereist, ist in vielen Ländern der Erde aufgetreten und ist als Leader oder Sideman auf mehr als 40 Alben zu hören. Außerdem ist er Kopf der International Skoda Allstar Band, Professor an der Essener Folkwang-Musikhochschule und künstlerischer Leiter der Messe Jazzahead, die seit 2006 jährlich in Bremen stattfindet. Mit Stefan Ulrich und Michael Berger hat Uli Beckerhoff immer mal wieder zusammengespielt, zuletzt vor allen Dingen in der experimentierfreudigen NuJazz-Combo bOOM bOOM, in der er eine Art Dauergast war.

Der Pianist Michael Berger arbeitet in diversen Bands im Grenzbereich zwischen Jazz und Rock, darunter bOOM bOOM, Les Rabiates und das Maria de Fatima Trio; er experimentiert aber auch in Gruppen wie Mellow Melange oder Schné Ensemble im Grenzbereich von Jazz, Pop und Kammermusik.

Der Schlagzeuger Stefan Ulrich begann als Schlagzeuger in diversen Rockbands, erweiterte seine stilistische Palette auch um Blues und Jazz. Aktuell trommelt er in der Roots-Rock-Band Velvetone, der Bluesband Haunted By The Blues oder in der Latinband Miss Groovanova. Außerdem betreibt er sein eigenes Tonstudio Palais aux Étoiles in Bremen.

 

Anspieltipps:

Track 1: Ouagadougou

Track 3: Night Race

Track 8: Mumbai Girl Talk

Track 9: Odyssey 2040