Hendrix Ackle - Logbook

HENDRIX ACKLE – LOGBOOK

Ten Thousand Thundering Typhoons Recordings / TTT007 / EAN 7640153361776  

Vertrieb:  Broken Silence                                                             Veröffentlichung: 8. August 2014

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Tiefer als laut – ein Logbuch und eine Schatztruhe voller Songperlen und dann noch diese Stimme…!

 Eine einsame Pianomelodie rieselt den Rücken hinunter. Bekümmert, besorgt, verloren. Wird das nun das intimste und intensivste Album von Hendrix Ackle sein? Alles was bleibt? Und alles, was nie mehr ist?

 So selbstverständlich wie die Aare bei Koblenz (CH) und Waldshut (D) in den Rhein fliesst, so logisch lässt nun der Schweizer Sänger und Songwriter Hendrix Ackle seine Heimat hinter sich. Um Deutschland zu erobern? Natürlich nicht. Musiker erobern nicht Länder, sondern Keller, Garagen, Schuppen, Clubs, Festivals und Open Airs - eins ums andere. 

 Vor beinahe 20 Jahren gründete der Sänger und Pianist Hendrix Ackle zusammen mit Richard Cousins die Band Hendrix Cousins. Es war der gelungene Versuch einer Mélange von europäisch geprägtem Liedgut und afro-amerikanischem Blues, Soul und Funk. Sie überdauerte zehn Jahre und brachte zwei Alben hervor.  

 Was jedoch schon lange um die Ecke guckt und höchst fällig wäre: Hendrix’ erstes Soloalbum! Aber  sich hinzusetzen und einsam fünfzehn Songs aus dem Bleistift saugen? Vielmehr liess sich Hendrix vom Musikerleben selbst überschwemmen. Sprang mal da ein, spielte dort mit - in der Annahme, es entstehe eine Verdichtung. Hendrix tat sich schwer, sich zu einer Melodie hinzutasten. Warum? «Zum einen war ein grosser Teil des Materials Songs, die schon mal eher stille Pflänzchen waren. Und je länger ich an ihnen arbeitete, desto besser gefiel mir dieses Unaufgeregte, Ruhige.» 

Und je länger Hendrix an den Song arbeitete, desto besser gefiel ihm diese Ruhe. Irgendwann begann er damit, auch die lauteren, dichteren Lieder zu entschlacken und das Tempo rauszunehmen. Hendrix realisierte, dass die Entschleunigung und das Ausdünnen neue Räume öffnete und Platz und Zeit zum Atmen liess. 

 

 «Ich kam auf eine Art von Trip. Habe dauernd alles wieder umgeschrieben, weil ich plötzlich  überwältigt war von dieser neuen Klarheit und Transparenz. Ich liess mir mehr Zeit, mehr Sorgfalt, mehr  Behutsamkeit. Was wiederum bei den Texten dazu führte, dass ich mir noch mehr Zeit liess. Verbindlicher sein wollte in den Aussagen.» Und dann kamen da auch Geschichten hoch, die einem nachdenklich machen. Irgendwann war's dann ein bewusster Entscheid, ein Album zu machen, das beim Anhören etwas Zeit und Aufmerksamkeit braucht. Etwas, das sich dem schnellen Rein- und Rauszappen entzieht. Dabei war ihm Mark Hollis' Soloalbum im Hinterkopf immer eine Referenz.

 Was fällt Dir leicht? «Über lange Zeit gar nichts. Aber irgendwann im Verlauf der Arbeit stösst Du eine Tür oder ein Fenster auf und dann macht plötzlich vieles Sinn und geht leicht von der Hand was vorher und nachher ein unglaublicher Krampf ist.»

 Wann wird’s persönlich in Songs? «Beim Schreiben gab es oft Momente, in denen es schwer fiel, die richtige Balance zu finden zwischen Persönlichem, allzu Persönlichem und Unpersönlichem. Ich mag es nicht wenn in Songs der Eindruck entsteht dass da jemand grad angestrengt auf Tiefe und Betroffenheit macht. Andererseits möchte auch ich gerne berührt werden und ergriffen jemandem zuhören. Generell fällt mir die textliche Ebene schwerer als die musikalische.» 

 Kein Wunder: Die Machart dieses Albums entpuppt sich häufig von diabolischer Raffinesse. Der Song «Hunger» ist eine Art Low Key Spoken Word Song. Dazu kam’s, weil hier ausnahmsweise die Musik vor den Worten da war. Der perkussive Einstieg evoziert Bilder einer Bergwiese mit Geissen und Glöckchen. An einer Stelle singt der Sänger ‘to give in’, dreimal. Beim dritten Mal hat der Produzent die zwei Zischlaute von «to give» kurz in den Hall getunkt. Ehrfurcht im Detail. 

 So wie Hendrix singt, sind seine Silben halb nach innen und halb in die weite Welt hinaus gerichtet. Seine Singsprache ist makelloses Englisch. Die Worte sind nie gleichmässig betont - vielmehr pickt sich der Sänger die wichtigsten und emotionalsten Wörter heraus. Das ist zwar nicht immer auf Anhieb verständlich, aber souveräner, cool und funky. Jede betonte und jede halbverschluckte Silbe dient einem emotionalen Fluss, der sich durch das ganze Album zieht.

 Hendrix Ackle wollte schon immer mal seine Songs wie ein Jazztrio aufnehmen. Das heisst: Alle spielen im selben Raum, zur selben Zeit. «Wichtig war mir da die Möglichkeit, dass jeder sofort auf jeden reagieren kann» meint Hendrix. «Und andererseits ergeben die Übersprechungen von Instrument zu Instrument einen eigenen Sound und einen ganz speziellen Charakter.» 

 Da kann man nur sehr schwer und ganz punktuell Korrekturen anbringen, wenn mal was in die Binsen geht. Schliesslich führte es dazu, dass das Schwergewicht auf den Gesamteindruck und -ausdruck ging. Und weniger um die technisch perfekte Darbietung. In Wolfgang Zwiauer an den Bässen und Alfred Vogel an Schlagzeug und Perkussion hat Hendrix für diesen Zweck zwei kongeniale Musiker gefunden. Beide sind sie auch in der Popmusik zu hause, aber ihre Liebe zu Jazz und ganz freien Spielformen ist unüberhörbar. Daniel Pezzotti am Cello und vor allem Max Lässer an verschiedenen Gitarren haben dann in nachträglichen Aufnahmen das Album punktuell veredelt.

 Das ausgesprochen Sphärische - wie kam es zustande? «Ich denke alle an diesem Album beteiligten Musiker haben die Fähigkeit sich in die Musik reinfallen zu lassen. Eine der Vorgaben bei den Aufnahmen war, dass wir die Songs, die Musik nicht vor uns her treiben. Wir müssen nicht bei einer Minute zehn beim Refrain angekommen sein. Wir haben, begünstigt durch die Situation, dass wir alle im selben Raum gespielt haben, quasi im Sound gebadet, haben uns in der Musik treiben lassen. »

 Das Unterwegssein mit Musik ist für Hendrix grundsätzlich etwas vom Besten was es gibt. Klar scheint Amsterdam im ersten Moment spannender als Ried und wenn man am nächsten Morgen nicht grad wieder los muss ist man vielleicht lieber in Berlin als im Hunsrück. Aber die Abende die bleiben, können überall stattfinden.

 Worüber singt Hendrix? Von A wie Amore bis Z wie  Liebe - erinnerte, vergangene, schmerzhafte oder versöhnte. Das ganze Album eine Operation am offenen Herzen. Klassischer als Du und Ich geht’s nicht mehr.

http://hendrixackle.com/