James Francies - Flight

James Francies - Flight

Blue Note 00602567741343 / Universal

VÖ: 19.10.2018

 

Tracklisting

1. Leaps

2. Reciprocal

3. Sway

4. My Day Will Come

5. Crib

6. Ain't Nobody   7. Reciprocal - Reprise

8. ANB

9. Dark Purple

10. Dreaming

11. A Lover And A Fighter

Vielversprechende junge Musiker gibt es reichlich, aber nur wenigen gelingt ein solcher kometenhafter Aufstieg wie ihn der Pianist, Keyboarder und Komponist James Francies gerade erlebt. Obwohl erst 23 Jahre alt, spielte er schon mit Jazz-Headlinern wie Pat Metheny, Chris Potter, Jeff "Tain" Watts, Stefon Harris, Eric Harland und Terrace Martin. Ebenso eindrucksvoll ist die Liste seiner Credits im Hip-Hop und R&B: auf der Bühne begleitete er bereits Lauryn Hill, José James, Common und Nas, im Studio Chance the Rapper bei der Aufnahme seines Grammy-Albums "No Problem" und Kodak Black. Außerdem ist er in der "Tonight Show Starring Jimmy Fallon" häufig mit seinem Mentor und Freund Questlove und The Roots zu sehen.

Jetzt stößt James Francies mit einem außergewöhnlichen Debütalbum in den illustren Kreis der geschichtsträchtigen Blue-Note-Familie vor. In den elf fesselnden Tracks von "Flight" zeigt er sowohl seine Versiertheit als Jazzinstrumentalist als auch sein Können als Popmusiker. Aber so aufregend und neu wie diese Erfahrung für Francies auch sein mag, bedeutet diese erste eigene Aufnahme zugleich auch eine Art Heimkehr. Denn Francies ist wie die mittlerweile etablierten Blue-Note-Stars Robert Glasper, Jason Moran, Chris Dave und Kendrick Scott ein stolzer "Houstonite" und Absolvent der dortigen High School for the Performing and Visual Arts (HSPVA), die sich in den letzten Jahren zu einem der zuverlässigsten Inkubatoren für amerikanische Jazztalente gemausert hat. "Es ist eine Ehre, in die Fußstapfen von Herbie Hancock, Bud Powell und all den anderen Künstlern zu treten, die für das Label aufgenommen haben", sagt Francies. "Aber damit einher geht auch eine große Verantwortung."

Wie jeder Blue-Note-Fan weiß, erfordert es eine geschickte Symmetrie zwischen der Vergangenheit und Zukunft des Jazz, um dieser Verantwortung gerecht zu werden; die Bereitschaft, die Geschichte dieser Kunstform zu bestärken und gleichzeitig etwas Persönliches und Neuartiges zu artikulieren. Auf "Flight" gelingt Francies diese Balance dadurch, dass er mit einigen der besten Musiker seiner Generation zusammenarbeitet - allesamt vertraute Weggefährten und Kollegen, von den einige zudem wie er aus Houston stammen.

Die Mitglieder seiner Rhythmusgruppe - Bassist Burniss Travis II und Schlagzeuger Jeremy Dutton (beide aus Houston) und der aus Dallas stammende Drummer Mike Mitchell (der in einer Nummer zu hören ist) - kennt er schon seit seinen frühen Teenager-Jahren. Bei vier Tracks gesellt sich zu ihm der ebenfalls in Houston geborene Mike Moreno, der heute zu den wichtigsten Gitarristen des zeitgenössischen Jazz zählt und Francies nach seinem Umzug nach New York vor fünf Jahren entscheidend unterstützte. "Immer wenn er neue Musik schrieb, ließ er mich vorbeikommen und spielte sie mit mir", erinnert sich Francies. "Er war stets bereit mich teilhaben zu lassen und trat zusammen mit mir auf, sogar ganz am Anfang, als ich noch völlig neu in New York war. Wir spielten vor leeren Häusern, aber er ließ mich trotzdem nie hängen." Auf vier weiteren Tracks ist der junge aufstrebende Vibraphonstar Joel Ross aus Chicago zu hören, den Francies vor etwa acht Jahren kennenlernte. "Joel ist einer der talentiertesten Menschen, die ich kenne", sagt der Pianist. "So gut wie hier war er schon immer." Der moderne Tenorsax-Gigant Chris Potter (laut Francies "ein großartiger Mentor und ein großartiger Bandleader") gibt sich bei drei Nummern die Ehre. Für zusätzliche Glanzlichter sorgen schließlich noch drei sehr individuelle Gesangskünstler, von denen man noch einiges hören wird: YEBBA, Chris Turner und Kate Kelsey-Sugg.

Ebenso wichtig ist für den geschmackvoll innovativen Sound von "Flight" Derrick Hodge, der Bassist von Robert Glasper Experiment und ein weiterer Blue-Note-Künstler, der Francies als Produzent bei der klanglichen Gestaltung des Albums unterstützte. "Wir stehen schon so lange miteinander in Kontakt, dass er eine natürliche Wahl war; er ist liebenswert und sympathisch und außerdem so ein positiver Typ", sagt Francies. "Er ist wie ich ein hybrider Musiker - jemand, der zwischen verschiedenen Genres wechseln kann."

"Ich wollte, dass 'Flight' seine eigene klangliche Identität hat", sagt Francies, "also habe ich elektronisch klingende Sachen mit akustischem Spiel vermischt, ohne die Kompositionen oder die Soli zu kompromittieren." Tatsächlich bewahren Francies' Kompositionen ihre Direktheit und Unwiderstehlichkeit, obwohl "Flight" durch ständige raffinierte Wendungen, rhythmische und harmonische Veränderungen einen subversiven Touch erhält. Das Album beginnt mit der wunderschönen und kathartischen, aber auch unterschwellig geheimnisvollen Nummer "Leap", bei der die Ensemble-Chemie gleich umwerfend zur Schau gestellt wird. "Ein schöner Appetizer für das, was folgt", meint Francies. Und da kann man ihm nicht widersprechen. Denn das, was folgt ist ein atemberaubendes Wechselbad der Stimmungen, das Freunde von hochkarätigen Jazzimprovisationen und -soli ebenso begeistern sollte wie Fans von gutem Pop, Hip-Hop und Rhythm'n'Blues. Neben exzellenten Eigenkompositionen serviert einem Francies auch ein inspiriertes Remake des Chaka-Khan-Hits "Ain’t Nobody".

Von der New York Times als ein "Pianist mit flüssiger Anschlagsdynamik" beschrieben, begann Francies im Alter von etwa fünf Jahren Klavier zu spielen. Parallel zu einer klassischen Ausbildung vertiefte er sich in jungen Jahren auch in die afroamerikanische Kirchenmusik. Gesegnet mit einem absoluten Gehör und der Fähigkeit, in Farben zu hören, besuchte er im Alter von sechs Jahren sein erstes Jazzkonzert: es war - wie konnte es anders sein - ein Auftritt der in Houston geborenen Klavierlegende Joe Sample. Als er in die siebte Klasse kam, begann er schließlich Jazz zu studieren. Besonders beeinflusst wurde er durch Pianisten wie Gonzalo Rubalcaba, Mulgrew Miller, Oscar Peterson, Art Tatum und Taylor Eigsti, der mittlerweile ein langjähriger Freund ist, aber auch durch die Gitarristen Allan Holdsworth und Mike Moreno sowie die Trompeter Nicholas Payton, Freddie Hubbard, Clifford Brown und Lee Morgan. Während seiner Studienjahre an der HSPVA absolvierte Francies einige aufsehenerregende Auftritte - darunter mit dem Next Generation Jazz Orchestra des Monterey Jazz Festivals, dem Thelonious Monk Institute All-Star Jazz Sextet und der GRAMMY Jazz Session Combo, die ihm ein Vollstipendium für die Manhattans New School for Jazz and Contemporary Music einbrachten.

Noch während er dort auf seinen Abschluss hinarbeitete, schlug Francies seine professionelle Laufbahn ein und kletterte in der Gunst seiner New Yorker Jazzkollegen schnell nach oben. Frühe Auftritte mit Jeff "Tain" Watts und eine erste internationale Tournee mit Chris Dave & The Drumhedz halfen ihm, wichtige Erfahrungen zu sammeln und sein eigenes Profil zu schärfen. Dann holten ihn Chris Potter und Pat Metheny in ihre Trios.  Mit seiner eigenen Band Kinetic sorgte Francies beim NYC Winter Jazzfest und dem BRIC JazzFest für Furore. Vor ein paar Jahren lernte er Questlove und den Roots-Keyboarder James Poyser kennen, für den er seitdem öfter bei Roots-Konzerten und in der "Tonight Show Starring Jimmy Fallon" einspringt. Auch auf dem von den Roots mitproduzierten Mixtape-Album des gefeierten Broadway-Musicals "Hamilton" war er zu hören. Darüber hinaus wirkte er Film- und Fernsehmusikproduktionen von Questlove mit und arbeitet gerade mit dem Roots-MC Black Thought bei einer neuen Broadway-Show zusammen.

Seine vielfältigen Erfahrungen außerhalb des Jazz, so sagt James Francies, halfen ihm auch enorm bei der Konzeption von "Flight". Das Album verkörpert wie nur wenige andere das bekannte Blue-Note-Ethos: es ist eine dynamische, hochmoderne mit Pop-, Hip-Hop- und R&B-Elementen durchtränkte Jazzaufnahme, die von Anfang bis Ende spannend und unterhaltsam ist.