Terri Lyne Carrington Mosaic Project - Love And Soul

TERRI LYNE CARRINGTON MOSAIC PROJECT - LOVE AND SOUL

Concord / EAN 888072377790 / Vertrieb in-akustik  

Veröffentlichung: 21. August 2015

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Wie schon der Vorgänger (Grammy ‚Best Jazz Vocal Album‘) präsentiert das neue Album Carrington als Leaderin wechselnder Besetzungen aus grandiosen Instrumentalistinnen und Vokalistinnen, darunter Oleta Adams, Natalie Cole, Paula Cole, Lalah Hathaway, Chaka Khan, Chanté Moore, Valerie Simpson, Nancy Wilson, Jaguar Wright und Lizz Wright sowie Saxofonistin Tia Fuller, Trompeterin Ingrid Jensen; die Bassistinnen Meshell Ndegeocello und Linda Oh und die Keyboarderinnen Geri Allen, Patrice Rushen und Rachel Z.

The Mosaic Project: LOVE and SOUL ist gleichzeitig Carringtons Ehrenbezeigung für Frauen in der Kunst wie ihre Hommage an verschiedene männliche Künstler, die sie professionell und/oder musikalisch beeinflusst haben, etwa Nick Ashford, George Duke, Duke Ellington, Frank Sinatra, Luther Vandross und Bill Withers. „Wenn ich etwas tue, womit ich Frauen preise, soll es nie wirken, als wären Männer davon ausgeschlossen“, erläutert sie. „Auf dieser Platte wollte ich bewusst die unterschiedlichen Beziehungen preisen, die Frauen mit Männern eingehen – entweder durch eigene Songs oder durch Coverversionen männlicher Komponisten und Songschreiber.“ Die Präsenz und Perspektive von Männern auf The Mosaic Project: LOVE and SOUL verdeutlicht sich noch stärker durch Billy Dee Williams, der über die gesamte Platte hinweg kluge Spoken-Word-Einlagen einspricht. 

Ihr musikalisches Können hat Carrington schon jetzt in die oberen Ränge der Jazzkünstler ihrer Generation katapultiert. Aber durch eine Reihe von Songs, die ihre Liebe für den R&B betonen, treten ihre Begabungen als Produzentin, Songschreiberin und Arrangeurin stärker in den Vordergrund.  „Als ich klein war, wollte ich Diana Ross sein“, sagt sie, als sie das breite Spektrum ihrer musikalischen Einflüsse von der Klassik über Straight-Ahead Jazz bis zu R&B und Hip-Hop erläutert. „Mir gefielen alle Formen schwarzer Musik und letztlich begann ich, aus Produktionssicht zu hören. So wurden auch Missy Elliot, Q-Tip und Questlove zu meinen Favoriten.“ Auch wenn sie die Komplexitäten des Jazz nie opfert, erinnert Carringtons Schwäche für den R&B an die des verstorbenen Keyboarders und Komponisten George Duke, weil die Ergebnisse gleichzeitig kühn und zugänglich sind.  Carrington mehrt zudem ihre Talente als Instrumentalistin: Auf mehreren Tracks spielt sie Gitarre, Bass und Keyboard.

„Duke Ellington sagte einmal: ‚Jazz heißt Freiheit des Ausdrucks‘, und er sagte auch ‚es ist nichts Erniedrigendes daran, Musik zum Tanzen zu spielen‘“ erklärt Carrington. „Ich kann dem nur beipflichten, und dieses Album ist mein Beitrag zu Jazz-trifft-Soul mit tanzbaren Grooves und einer Jazz-Ästhetik, die nicht nur von den Arrangements stammt, sondern auch von der Raffinesse der Sängerinnen und ihrer Fähigkeit, sich zwischen den Genres zu bewegen.“ Kaum überrascht es vielleicht, dass ihre Strategien zur Verpflichtung von Sängerinnen an die von Ellington erinnern, der für jede einzelne Person in seinem Orchester Arrangements und Notationen schrieb. „Wenn ich entscheide, welche Sänger ich bitte, habe ich immer deren Stimme in meinem Kopf gehört, als ich das Arrangement schrieb“, erzählt sie. „Dann nehme ich ein Demo des Songs auf und singe alle Vocals in dem Stil der Person, die ich gehört habe, selbst. Ich glaube, das war der Schlüssel zu meinem Erfolg, so viele ausgezeichnete Leute anzuwerben.“

The Mosaic Project: LOVE and SOUL begann als Sammlung von Liebesliedern. Doch im Laufe seiner Entwicklung bemerkte Carrington, wie in die harmonische und melodische Bewegung der Songs Einflüsse aus der Musik der schwarzen amerikanischen Kirche einsickerten – daher der Untertitel der Scheibe. „Ich hatte das Gefühl, dass ich auf der ersten Mosaic Project nicht alles umgesetzt habe, was ich vorhatte. Im Moment durchläuft mein Leben eine ruhige Phase, in der ich mir erlaube, Verletzlichkeit auszudrücken – eine kontemplative Phase, in der ich die Wichtigkeit von Soulwerken und spiritueller Verbindung stärker anerkenne. Für mich ist das alles Teil dieses Projekts von Liebesliedern“, sagt sie. Nach einem schwebenden Intro mit den von Williams eingesprochenen Brocken Weisheit, die der legendäre Saxofonist und Komponist Wayne Shorter an Carrington weitergegeben hat, geht das Album in eine Soul-Electronica-Version des 1943er Ellington-Klassikers „Come Sunday“ über, in der Natalie Cole den hoffnungsfrohen Text über Carringtons dahinjagende Schlagzeugrhythmen bringt. „Come Sunday“ gibt eine gelungene Einleitung ab, denn Carringtons Vorgängerplatte war der GRAMMY-Gewinner Money Jungle: Provocative in Blue (Concord), auf der sie dem 1963er Klassiker Money Jungle von Ellington, Charles Mingus und Max Roach den Glanz des 21. Jahrhunderts gab. Kurz danach präsentiert die CD einen weiteren zeitlosen Jazz-Standard, Sinatras Ballade „I’m a Fool to Want You“ von 1951, dieses Mal mit einem Mid-Tempo-Groove unterlegt und einer modernen Soul-Jazz-Landschaft, über die Chaka Khan ihre unverwechselbaren, gefühlvollen Phrasierungen treibt. Dann taucht die Platte in das moderne R&B-Repertoire ab: mit dem brillanten Cover der Vandross-Ballade „For You to Love“ (1988) mit Oleta Adams, und der Carringtonschen Eigenkomposition „So Good (Amazing)“, einem gospelbeeinflussten Neo-Soul-Track, auf dem R&B-Sängerin Jaguar Wright die Möglichkeiten ihres unverkennbaren Soprans auslebt. 

Carrington lud Valerie Simpson ( Ashford & Simpson) ein, ein Remake ihres 1976er Stücks „Somebody Told a Lie“ zu singen. Carringtons Arrangement unterstreicht die Spiritualität, die sich ihren Weg durch die sinnlichen Motive bricht, und hält dabei die Spannung aufrecht, vor allem, wenn der Track unerwartet in einen Afro-Latin-Breakdown übergeht, in dem Pianistin Geri Allen, Percussionistin Nêgah Santos und Flötisten Elena Pinderhughes das Zepter übernehmen.  Die Songstilistin Nancy Wilson erweckt das amouröse „Imagine This“ zu neuem Leben als ehrgeiziger, origineller Ausbruch mit ausgefeilten Harmonien und einem lyrischen Text, der sich die Kunst der idealen Liebe zum Thema genommen hat. Auf diese Komposition ist Carrington besonders stolz, da sie in ihr einen ihrer bislang besten Beiträge als Lyrikerin sieht. Die Aufnahme einer humorvollen Nachricht vom verstorbenen George Duke, einem engen Freund und musikalischen Partner von Carrington, bildet den Übergang zum souligen Mid-Tempo-Originalstück „Best of the Best“, in dem Chanté Moore, die ebenfalls mit Duke gearbeitet hat, berührende Reflexionen über sein temperamentvolles Wesen und sein einflussreiches musikalisches Erbe singt.

Die mittlerweile 15 Jahre alte Eigenkomposition „This Too Will Pass“ hat sie für ihre langjährige Freundin Lalah Hathaway aufpoliert. Hathaways sanfter Alt betont noch die bittersüßen, doch das Selbstbewusstsein pflegenden Zeilen des Texts. Carrington selbst singt die Leadstimme im kapriziösen Original „Can’t Resist“, dessen zackiger Latin-Groove und ins Ohr gehende Melodie wohl viel Sendezeit bei Jazz-, Urban- und Latin-Sendern einfordern werden. Paula Coles Stimme bezaubert in „You Can’t Smile It Away“, einer ergreifenden Lesart der Bill-Withers-Ballade aus dem Jahr 1985. Carringtons Interpretation gewinnt sogar noch mehr emotionales Gewicht durch Regina Carters melodisches Violinsolo, das neben der majestätischen Klage Coles daherschwebt.  Der romantische Zauber setzt sich mit dem sehnsuchtsvollen Originalstück „Get to Know You“ fort, in dem der Gesang der Soul-Jazz-Vokalistin Ledisi unter die üppigsten Bläserarrangements der gesamten Platte gemischt ist.

The Mosaic Project: LOVE and SOUL schließt mit Carringtons Version von Patrice Rushens 1978er Ballade „When I Found You“, die sie ihrem Sohn gewidmet hat. Die neue Version, im 5/4-Takt umarrangiert und mit neuen Hooklines, bringt Rushen gemeinsam mit Rachel Z an den Keyboards, während Lizz Wright mit ihrem erdigen Alt der Melodie dunklere, mütterlichere Töne verleiht. Ausgefeilte Bläserarrangements erwecken die Neubearbeitung ebenso wie die Solos von Trompeterin Ingrid Jensen und Saxofonistin Grace Kelly zu neuem Leben. Am Schmelz- und Höhepunkt des Songs liefert Carrington eine temperamentvolle, aber durchsichtige Improvisation, die bis zum Ende führt.

Auf die Frage nach ihrer bisherigen künstlerischen Entwicklung sagt Carrington: „Wenn wir Glück haben, können wir unser Leben wie ein Puzzle leben und versuchen, alle Teile zusammenzuhalten.“ Dies erklärt sowohl ihren universellen Musikgeschmack als auch ihre Interessen als Musikproduzentin und -lehrerin. „Die meisten von uns haben viele Interessen, finden aber nicht immer einen Kanal, um diese auszuleben“, sagt sie. „Ich hatte das Glück, unter dem weiten Mantel der Musikindustrie viele der meinen umsetzen zu können. Kann sein, dass meine Interessen diffus verstreut sind, aber ich widme mich allen mit suchendem Geist und dem Vorsatz, meinen Zielen so nachzugehen, dass ich möglichst viele von ihnen erreiche.“