ZZ Quartet - Beyond The Lines

ZZ QUARTET - BEYOND THE LINES
(IN+OUT Records IOR CD 77117-2 /in-akustik)           Veröffentlichung: 25. Oktober 2013

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Ratko Zjaca - electric & acoustic guitar
Simone Zanchini - accordion, live electronics
Martin Gjakonovski - acoustic bass
Adam Nussbaum - drums


Puristen dürfen aufatmen: Mit den Texas- Bluesrockern von ZZ Top hat das ZZ Quartetkaum etwas zu tun. Die markigen Initialen der Band rühren vielmehr von den Familiennamen der Initiatoren Ratko Zjaca (Gitarre) und Simone Zanchini (Akkordeon). Nach der aufsehenerregenden Debüt-CD „The Way We Talk“ (IN + OUT Records) aus dem Jahr 2010 haben sich beide abermals mit Martin Gjakonovski (Bass) und Adam Nussbaum (Drums) ins Studio zurückgezogen, um ein weiteres Kapitel in der Geschichte des grenzübergreifenden Jazz zu schreiben. Obwohl, Jazz? „Mittlerweile reicht dieser Begriff im klassischen amerikanischen Sinn nicht mehr aus“, sinniert Simone Zanchini. „Das, was wir machen, besitzt längst klare europäische Wurzeln, viele klassische Einflüsse, Folklore, Avantgarde, Improvisation, manchmal auch Fusion. So etwas wie Swing findet man allenfalls in einem Stück, gleichwohl durchzieht das ganze Album aber ein ziemlich prägnanter Rhythmus.“ Und Ratko Zjaca glaubt, im kompakten, geschlossenen, hoch spannenden, mitunter gegen den Strich gebürsteten Sound des ZZ Quartets schlussendlich doch eine Tugend des Rock und Pop zu erkennen: „Wir funktionieren in erster Linie als Band, kennen und schätzen einander seit vier Jahren. Im Jazz mag es üblich sein, immer wieder mit neuen Leuten zu spielen, sich auf das Unerwartete einzulassen, seine Individualität auszuleben. Wir aber zehren in erster Linie vom gegenseitigen Vertrauen. Nicht umsonst haben legendäre Rock- oder Jazzrockgruppen wie Led Zeppelin, die Beatles oder Weather Report über einen langen Zeitraum hinweg ihr Konzept weiterentwickeln können.“

Also doch ein kleiner Hauch von ZZ Top, wenn auch im philosophischen Sinn. „Wir wollten nie nur ein reines Jazzalbum machen“, erklärt Ratko Zjaca das Motiv des ZZ Quartets, das noch bei „The Way We Talk“ ganz klassisch jazzmäßig seinen Namen trug. „Dafür sind die Vorlieben und die musikalischen Sozialisationen von allen Vieren zu verschieden. Keiner von uns will sich mehr einsperren oder zum Sklaven eines bestimmten Stils machen lassen.“ Zjaca, der Gitarrist, kommt aus Kroatien, ist aber seit 23 Jahren in den Niederlanden beheimatet, Zanchini, der Akkordeonist, stammt aus Italien, Martin Gjakonovski, der Bassist, aus Mazedonien, obwohl er seit 25 Jahren in Bergisch Gladbach bei Köln lebt, und Adam Nussbaum, die Schlagzeug- Instanz, aus New York. Eine internationale Task Force der ästhetischen Möglichkeiten sucht nach der Wahrheit jenseits der gültigen Demarkationslinien. Beyond The Lines. Welche Linien überhaupt? „Eigentlich geht es um jede Linie“, sagt Ratko. „Alles was wir hören, fließt in das ein, was wir tun. Die Leidenschaft für Filmmusik genauso wie die heimliche Liebe für Rock, die Bewunderung für Klassik, die Sehnsucht nach Folk und natürlich das drängende Verlangen nach Jazz und dessen improvisatorischen Möglichkeiten.“

Deshalb spielen sie keine Standards. Neun der elf Titel, die allesamt das Zeug zu neuen Standards besitzen, stammen aus der Feder von Ratko Zjaca und Simone Zanchini, jeweils einer von Adam Nussbaum und seiner Frau Maja („Days Of Old“) sowie von Martin Gjakonovski („The South Song“). Ein anderes Konzept, ein fremder Weg, der dennoch in vertraute Areale mündet. Am deutlichsten spürbar wird die Veränderung bei „The Clockwork“ von Zanchini. „Wir haben uns weiterentwickelt“, betont der Akkordeon-Zauberer. „Das beginnt schon beim Komponieren und wird vor allem beim Zusammenspiel deutlich. Wir lösen uns wesentlich mehr als früher von irgendwelchen Vorgaben, sind reifer, erwachsener geworden. Alles ist ausbalanciert, auch wenn Ratko und ich die meisten Stücke geschrieben haben.“

ZZ stammen zwar aus derselben Ecke Europas, könnten aber in punkto Veranlagung kaum größere Gegensätze aufweisen. Simone bezeichnet Ratko als „rationalen, sehr mathematisch denkenden Musiker, der seine Linien genau strukturiert. Ich dagegen lasse mich immer von meinem Bauch leiten, wie eben die meisten mediterranen Künstler. Zusammen mit den beiden anderen Jungs und ihrem jeweiligen Background ergibt das eine unglaubliche Mischung, einen wunderbar schmackhaften Kuchen.“ Bei dem die Rezeptur stimmt. Und vor allem die Chemie. Adam Nussbaum, der in seinem langen Drummer- Leben schon den Takt für John Abercrombie, Paul Bley, Michael Brecker, Tom Harrell, Lee Konitz, David Liebman, John Scofield, aber auch die Allman Brothers Band oder Jaco Pastorius angab, nennt das ZZ Quartet beispielsweise „The craziest band I played in the last 20 years“. Noch Zweifel? Einfach probieren und die eigenen (Hör-) Gewohnheiten hinter sich lassen.


www.zz-quartet.com
www.ratkozjaca.com
www.simonezanchini.com