Evelyn Huber, Elisabeth Fuchs & Philharmonie Salzburg – Joy
Evelyn Huber gehört zu einer neuen Generation von Harfenistinnen, die das Instrument aus dem Korsett der Klassik befreit und ihm neue Klangfarben, Ausdrucks- und Einsatzformen beschert haben. Was hier so eindrucksvoll wie selten zu erleben ist.
Erst vor kurzem erschien CALM, Evelyn Hubers neues Harfe-Solo-Album, höchst intim im Heimstudio aufgenommen und ganz auf den puren Harfenklang konzentriert. Nun folgt gewissermaßen das Gegenstück: Auf JOY präsentiert die Musikerin zusammen mit der Philharmonie Salzburg unter Leitung von Elisabeth Fuchs ihre Harfe als solistisches Instrument in Verbindung mit dem fulminanten Klang eines Orchesters und reizt alle Möglichkeiten des Zusammenspiels aus.
JOY ist darüber hinaus fast eine Quintessenz ihres bisherigen, so vielseitigen Musikerinnenlebens. Begann Evelyn Huber doch schon parallel zum klassischen Harfen-Studium in München und den USA mit den verschiedensten Bands und Ensembles zu spielen. So begleitete sie zum Beispiel den Klezmer-König Giora Feidman, war im Trio Lauschgold mit der Geigerin Martina Eisenreich und dem Performance-Schlagwerker Wolfgang Lohmeier ebenso erfolgreich wie im Duo mit dem Saxofonisten Mulo Francel, der sie 2008 schließlich auch fest zu Quadro Nuevo holte und mit Deutschlands erfolgreichster Weltmusik-Band bis 2020 zwölf Jahre lang durch die Welt reiste. Erfahrungen, die ihr Harfenspiel stilistisch weit in Richtung Jazz, Improvisation und Weltmusik ausdehnten, und die nun auf „JOY“ in ganzer Breite zu hören sind.
Konkret geht dieses Projekt zurück auf die Freundschaft der Harfenistin mit Elisabeth Fuchs, der Gründerin und Chefdirigentin der Philharmonie Salzburg. Die Österreicherin studierte am Mozarteum und an der Paris Lodron Universität in Salzburg sowie an der Musikhochschule Köln Orchester- und Chordirigieren, Oboe, Schulmusik und Mathematik und stand seither am Pult vieler großer Symphonieorchester und renommierter klassischer Ensembles. Die Offenheit der Dirigentin für alle musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten und ihr Sinn für Inszenierung hat ihr Orchester seit der Gründung 1998 zum Liebling eines breiten Publikums gemacht. Dementsprechend lernten sich Fuchs und Huber bei diversen stiloffenen Projekten von Quadro Nuevo kennen, intensiver bei „Volkslied reloaded“, für dessen Einspielung Elisabeth Fuchs das Münchner Rundfunkorchester dirigierte. Für Salzburg gab Fuchs Huber nun sozusagen eine Carte blanche: Eine „Spanische Musiknacht“ im Juni 2021 bildete die Basis für JOY.
Das zentrale Stück des Albums wie seinerzeit des Konzertabends ist „Soñando en Español“, eine dreisätzige Suite der US-amerikanischen Jazz-Harfenistin Deborah Henson-Conant, mit der Evelyn Huber eine besondere persönliche Beziehung verbindet: „Als Teenager besuchte ich bei Deborah einen Jazz- & Improvisations-Kurs für Harfe. Das packte mich unbeschreiblich und stellte die Weichen dafür, die Harfe zu meinem Beruf zu machen.“ Bei Helga Storck lernte Evelyn Huber dann im klassischen Harfen-Studium an der Musikhochschule in München die Orchestertradition. „Das war mir auch wichtig, doch wir beide wussten schon während des Studiums, dass ich in eine ganz andere Richtung gehen werde. Nach meinem Masterabschluss leistete ich mir den Luxus, mich für sechs Wochen in Deborahs Nachbarhaus in Boston/USA einzuquartieren, wo die von mir so verehrte Jazzharfenistin ihre Harfe hinstellte und jeden Tag mit mir arbeitete. Nun, viele Jahre später, durfte ich ihr mitreißendes und unglaublich facettenreiches „Soñando en Español“ zusammen mit der großartigen Philharmonie Salzburg unter der Leitung von Elisabeth Fuchs als WELT-ERSTEINSPIELUNG aufnehmen. Was für eine große Freude: JOY!“
Unglaublich facettenreich ist diese Suite. Spanische und mexikanische Klänge und Rhythmen durchziehen die Komposition ebenso wie Flamenco oder Jazz. Es bleiben Improvisationsfreiräume und viele Ausdrucksmöglichkeiten für die Harfe: Mitunter klingt sie bei Evelyn Huber hier auch wie Gitarre oder Vibraphon. Auch die anderen Stücke des Albums nehmen auf besondere musikalische Partnerschaften oder Begegnungen Bezug.
„Sunday Morning“ wurde von Evelyn Hubers langjährigem musikalischen Weggefährten Wolfgang Neumann ursprünglich für Band komponiert, ist hier als sonniges Orchesterarrangement zu hören.
Als große Verehrerin des spanischen Filmmusikmeisters Alberto Iglesias stand sein „Los abrazos rotos“ schon lange auf der Wunschliste der Harfenistin.
Ins Südamerikanische geht es mit „Viva Brasil“, das ihr vom Münchener Komponisten Willi März auf den Leib komponiert wurde.
„Para un mejor mundo sinfonico“ – ein emotionaler Höhepunkt des Albums – ist die Orchesterfassung des hymnischen Titelstücks eines Albums, welches Evelyn Huber mit dem Violinisten und Kompositionsprofessor Gregor Hübner und seinem New Yorker Sirius Quartet aufgenommen hat.
Zwei eigene Stücke der Harfenistin, die während zahlreicher Reisen mit Quadro Nuevo entstanden sind, runden JOY ab: „Lavendel“ fängt die Erinnerung an einen magischen Moment bei einem Videodreh am felsigen Ufer der korsischen Küste ein, „Nilade“ die Eindrücke einer inspirierenden Konzertreise durch Ägypten.
Ein bemerkenswert bunter Bogen – aufgenommen in größter Freude am gemeinsamen Musizieren. Einfach: JOY!
GLM Fine Music FM 326-2 / LC11188 / 4014063432629 / Vertrieb : Edel
VÖ: 25.03.2022