Holon Trio – Shields Down

Sehr stark: mal erinnert es an Abdullah Ibrahims afrikanisch-musikalische Seelenwanderung und in meditativen Momenten an die Verlorenheit eines Bill Evans

Kompositionen mit emotionalem Tiefgang und rhythmischen Schärfen. Das ist das musikalische Spannungsfeld, in dem sich das Holon Trio bewegt. Die Band um Lukas Akintaya (Schlagzeug), Mathias Højgaard Jensen (Kontrabass) und Povel Widestrand (Klavier und Synthesizer) hat mit Shields Down gerade ihr neues Album bei BERTHOLD records veröffentlicht. Ein Album, das zwischen den musikalischen Polen wandert und unterschiedliche Stile miteinander verschmelzen lässt: von melodisch bis gewagt-experimentell.

Kennengelernt haben sich die drei Musiker während ihres Studiums am Jazz Institut Berlin. 2014 gründeten sie das Holon Trio, in das sie unterschiedliche Einflüsse aus ihren Heimatländern mitbrachten. So wuchs Jensen mit dänischer Folk- und Kirchenmusik auf, Widestrand mit schwedischen Kirchenchorälen und Akintaya, dessen Mutter Deutsche und Vater Nigerianer ist, mit deutschen und afrikanischen Klängen. „In unserer Musik finden sich ganz unterschiedliche Einflüsse wieder: von den Beatles bis zu Strawinsky. Von Alternative Rock über traditionellen Jazz und Klassik bis zu Folklore“ erklärt Jensen. Das alles vermengt sich auf Shields Down zu einer spannenden, ungewöhnlichen Jazz-Mixtur.

„Der Bandname kommt aus dem antiken Griechenland und bedeutet ein Ganzes, was wiederum Teil eines anderen, größeren Ganzen ist“, so Akintaya. Wie eine Zelle, die für sich genommen eigenständig, gleichzeitig aber auch Teil eines Organismus ist. Ein Prinzip, das sich auch auf die Band übertragen lässt, erläutert Akintaya. „Jeder bringt seine individuelle Stimme in einen Klangkörper ein, der als Einheit funktioniert.“

Die Stücke auf Shields Down sind Gemeinschaftskompositionen und stilistisch sehr unterschiedlich – bisweilen beunruhigend und überraschend, aber immer hochunterhaltsam. Abstract zum Beispiel, in dem die Stimmung mehrfach wechselt. Oder Flowers, in dem sich harte, klatschende Klänge mit beruhigenden, melodischen Klavierpassagen vermischen, ehe beide vom Kontrabass zusammengeführt werden. Während das fugenartige Infinity energie- und spannungsgeladen daherkommt, wirkt Fly dank der sonoren Basslinie, dem klassischen Jazz-Klavier und dezenten, fragilen Schlagzeugpassagen geradezu meditativ. In Mirrors konfrontieren die Musiker ihr Publikum mit dem Fremden, Mystischen, während sie es in You vs Me mit bedächtigen-gefühlvollen Klängen ins Träumen geraten lassen.

„Wir haben viel Zeit in die Nachbearbeitung und ins Abmischen investiert. Denn wir wollten, dass das Album deutlich anders klingt als unser Erstling“, betont Widestrand und ergänzt: „Es soll unsere musikalische Entwicklung der vergangenen Jahre dokumentieren.“ Eingespielt und aufgenommen wurde Shields Down in den Republica Studios in Polen, gemischt und gemastert in den Greyfade Studios in Brooklyn/New York.

Mit ihrem ausgereiften, virtuosen Spiel konnte das Holon Trio bereits eine Auszeichnung gewinnen – als Preisträger beim 7. europäischen Burghauser Nachwuchs-Jazzpreis 2015. Der farbenfrohe, kontrastreiche Stil der Band bringt die Zuhörenden ins Schwärmen. So schreibt Detlef A. Ott vom Jazzpodium: “Mit ruhiger Distanziertheit umspannt das Trio eine Klangwelt, die man stilistisch nicht festmachen kann, verhalten groovt, mal an Abdullah Ibrahims afrikanisch-musikalische Seelenwanderung erinnert, oder in meditativen Momenten an die Verlorenheit eines Bill Evans denken lässt. Irgendwie schwingt auch immer ein Stück skandinavische Seele mit.“

Und der Bunker Ulmenwall in Bielefeld kündigt das Dreigespann mit folgenden Sätzen an: „Hier kommt ein ganz großes Ding! Es ist nicht leicht, in Ekstase zu geraten bei der derzeitigen Flut an Klaviertrios, und doch: diese drei jungen Herren schaffen es mühelos, dass man mit offenem Mund dasitzt und denkt: ja, so könnte es demnächst weitergehen. Mit einer Virtuosität und Leichtigkeit geben sich hier Uptempo und Ballade die Klinke in die Hand, finden Tempo- und Rhythmuswechsel innerhalb eines Stückes statt, dass es eine Lust ist, der hochspannenden Kommunikation zu folgen, während man in der Achterbahn sitzt. Dabeisein, anschnallen und Spaß haben!“

www.holontrio.com

Berthold Rec / 42506473139119 / Vertrieb: Cargo

Veröffentlichung: 07. Juni 2019

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