Kuhn Fu – Jazz Is Expensive 2 CD (2. CD Live in Saalfelden)

Etablierte Grenzen zwischen den Genres infrage stellen oder auch zwischen Parodie und einer großen Ernsthaftigkeit gegen musikalische Scheuklappen anspielen

Am besten immer schön zwischen alle Stühle setzen, das ergibt – nicht zwangsläufig, aber oft – die interessantere Musik. Und im Falle von Kuhn Fu definitiv die lustigere. Seit 2012 hat die Band um den Gitarristen Christian Kühn eine singuläre und sehr eigensinnige Form von Jazzrock (oder Rockjazz) entwickelt, zwischen Parodie und einer großen Ernsthaftigkeit, mit der sie gegen musikalische Scheuklappen anspielt.

Kühns mit John Dikeman (Saxofon), Tobias Delius (Saxofon, Klarinette), Ziv Taubenfeld Bassklarinette), Sofia Salvo (Saxofon), Esat Ekincioglu (Bass) und George Hadow (Drums) international besetztes Ensemble spielt die vor Melodien und kompositorischen Ideen überbordenden Stücke, als ginge es ums Ganze. Die Komik, die in der Musik Kuhn Fus immer präsent ist, nimmt ihr nichts von ihrer Intensität. „Ich liebe tonale Musik“, erzählt Christian Kühn. „Tonal gespielt und dann überspitzt, darum geht es, deswegen klingt es immer wieder mal parodistisch.“

Parodie – aber auch Klamauk. Auf Jazz Is Expensive erzählt Kühn das Märchen „Vom Fischer und seiner Frau“ noch einmal neu und anders. Der Vortrag Kühns trägt sein Übriges bei: Mit forciertem deutschem Akzent wird auf Englisch die Geschichte zu einem modernen Märchen umgeformt. Hauptfigur ist der Fischer Marcel De Champignon, ein Hornspieler, der auf der Suche nach der perfekten Melodie ist – „the melody that makes millions“. Diesen Wunsch soll ihm der Fisch erfüllen, „Bruno the Architect“ der Name. Die Website Illsebill.com spielt ebenfalls eine tragende Rolle. „Der Humor ist kein Konzept“, sagt Kühn. „Der ist einfach da.“

Wie auch die Texte spontan auf der Bühne entstehen, nachzuhören auf der zweiten CD dieses Doppelalbums, Live in Saalfelden. Wobei die immense Spielfreude, mit der die Musikerinnen und Musiker von Kuhn Fu zu Werke gehen, im Studio und auf der Bühne die gleiche ist. Ob bei den Variationen über die immer wieder ausgesprochen schönen Melodien, die Christian Kühn als Ausgangspunkte für die Stücke komponiert oder bei den freien Improvisationen: Eine perfekt aufeinander eingespielte Band entwickelt aus der gemeinsamen Bewegung heraus eine Musik, die man so noch nicht gehört hat.

Auch nahliegende Referenzen – John Zorn und natürlich Frank Zappa, weil der immer genannt wird, wenn Virtuosität und Humor zusammenkommen – treffen es nicht wirklich. Christian Kühn nennt jeweils einen Jazz- und einen Rock-Giganten als zentrale Einflüsse: Duke Ellington und Slash. Und damit ist auch schon der Ort zwischen den Stühlen beschrieben: für Jazzfans zu rockig, für Rockfans zu viele Bläser, für die Impro-Szene zu viel Wohlklang, Romantik und Theatralik. Mit der Ausgangslage können Kuhn Fu gar nicht anders, als etablierte Grenzen zwischen den Genres infrage zu stellen und sie mit Musik, die selbst gerne albern klingt, als alberne Konstrukte zu markieren.

Jazz-Puristen, denen das alles zu wüst geraten ist, entgeht so einiges: entrückte, weirde Lounge Music („Fisherman“), fröhlich schwankende Stampfer („Illsebill Blues“), mächtig groovende Gitarrensoli (z.B. „Timpe Te Shuffle“) oder eine Hochgeschwindigkeitstanzmusik wie „Servus Servus Schuhplattler“, die sich am Ende in einer elegisch-melancholischen Melodie auflöst.

Die „Invisible Jazz Wall“, wie Christian Kühn es nennt, die die Tradition vor dem Vulgären, Karnevalesken und dem Nonsens schützen soll, gehört eingerissen. Kuhn Fu sind in diesem Bild so etwas wie die Posaunen von Jericho.

„Die gezähmte Wildsau von Ernsttal vergaß ihre Zahmheit, nahm die laut schreiende Dame auf den Rücken und raste davon. Hätte ich ein Leitbild, so wäre es jenes Tier.“

– Theodor W. Adorno

Berthold Rec / LC 27984 / 4250647322010 / Vertrieb: Cargo

VÖ: 14.10.2022

2CD / Doppelvinyl /Digital

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