Micha Jesske SMUK

Auf dem Cover steht Micha Jesske mitten in der Brandung. So ist auch seine Musik: fließend, ungestüm und von großer Tiefe. Smuk verbindet Vorwärtsbewegung, sangliche Melodien, farbenreiche Harmonien und Improvisation – komplex und gleichzeitig zum ‚Hüfteschwingen‘ zumindest aber zum ,Kopfwippen‘.

 

„In der Einfachheit liegt die Schönheit“ kommentiert Micha den Namen der Band. So ist das Wort SMUK nicht nur prägnant und einfach, sondern zufällig auch dänisch für schön.

Micha Jesske SMUK ist das Debütalbum und gleichnamige Projekt eines außergewöhnlichen Jazz-Schlagzeugers der jungen Generation. Unaufdringlich aber gekonnt stellt Jesske sich hier in den Fokus und beweist nicht nur, dass er – wie auch seine Bandmusiker – sein Handwerk exzellent beherrscht, sondern mit Liebe zum Detail ein stimmiges Ganzes erschaffen kann.

Schon in seiner Kindheit und Jugend dreht sich alles in Jesskes Familie um die Musik. Als Russlanddeutsche in Kasachstan geboren, zogen Michas Eltern im Jugendalter nach Deutschland. Mit sich nahmen sie vor allem ihren Glauben und die Liebe zur Musik. „Meine Großeltern hatten damals ein Akkordeon, dass sie an der Grenze abgeben mussten. Beim Meldeamt bekam mein Opa 1000 Mark als Startkapital für seine siebenköpige Familie. Mit dem Geld ging er, ohne Rücksprache mit meiner Oma, in ein Musikgeschäft und kaufte für 800 Mark ein Akkordeon“, erzählt Micha lachend.

Als Zweitjüngster in der Familie musiziert Micha Jesske schon früh zusammen mit seinem Bruder, welcher Klavier spielt. „Micha, ich brauche einen Schlagzeuger“ – mit diesen Worten vom großen Bruder war die Sache für Micha klar und er fing an Unterricht am Schlagzeug zu nehmen. Besonders die Gottesdienste jeden Sonntag prägen Micha musikalisch: „Viele der Lieder haben mich gerührt und mitgenommen“, beschreibt er. Dass das neben dem gemeinsamen Musizieren auch an den schönen Melodien, der Harmonik und der Stimmführung

liegt, beginnt er erst im Studium zu verstehen.

Während des Musikstudiums in Mannheim lernt Jesske die reiche Tradition und Vielfalt an Musikern des letzten Jahrhunderts zu schätzen: Art Blakey, Elvin Jones, Roy Haynes, Miles Davis, Wayne Shorter, John Coltrane … die Liste scheint unerschöpflich. „Man beginnt sich im Kopf eine Karte mit Musikern zu kreieren, die die Musik geprägt und entwickelt haben. Dabei geht es nicht nur um deren Werke, sondern auch wie die Musiker miteinander verbunden waren, was sie geprägt hat, wie sie gelebt haben und was ihre Geschichte war. Ich bemerkte, wie ich langsam aufhörte, die Musik, als Gesamtsound zu hören, sondern die einzelnen Musiker als Individuen beim Spielen zu beobachten.“

Smuk verbindet die Vorwärtsbewegung, den Puls aus der Tradition mit Stimmführung, sanglichen Melodien, farbenreichen Harmonien und ausgedehnten Improvisationsteilen, die von einem rhythmischen Geflecht getragen werden, das komplex daherkommt und gleichzeitig Hüften zum Schwingen – oder zumindest Köpfe zum Wippen – bewegt.

Zum Schwingen kommt die Musik vor allem durch Jesskes Mitmusiker: Der junge Berliner Trompeter Gabriel Rosenbach baut beispielsweise im Titel Hillary Step stimmungsvolle Welten auf, die zum Träumen einladen. Im Kontrast hierzu hören wir den spanischen Tenorsaxofonisten Alberto Menendez. „Alberto war fünf Jahre mit Eddie Palmieri auf Tour. Jemanden wie ihn dabei zu haben ist für mich ein Privileg!“ beschreibt Micha. Mit einem kraftvollen Ton, mitreißenden Melodien und endlosem Ideenreichtum überzeugt Alberto in seinen Soli auf Titeln wie Arete oder Procrastinator. Auch den Mannheimer Gitarristen Bjarne Sitzmann weiß Micha sehr zu schätzen. „Bjarne macht Musik als würde er kochen. Er arbeitet viel mit Effekten, sein Input ist für mich wie das Salz im Nudelwasser“, sagt Micha schmunzelnd. Erdig, nie aufdringlich, aber doch richtungsgebend: der Bassist Constantin Herzog hält die Band in jeder Situation zusammen und mit Paul Janoschka ist das Sextett komplett: „Paul weiß, wann er der Musik Raum geben muss, das ist mir unglaublich wichtig!“ sagt Jesske über seinen Pianisten der gerade von seinem Masterstudium aus New York zurückgekehrt ist. Einen Ausreißer bildet das Solostück Teide, welches Micha selbst am Klavier eingespielt hat. „Ich schreibe viele kleine Klavierstücke und eines davon wollte ich mit auf das Album bringen. Es handelt von einem nächtlichen Bergaufstieg hin zum Sonnenaufgang oben auf dem Gipfel, den ich vor ein paar Jahren mit einem guten Freund erleben durfte.“

Auch andere Titel des Albums scheinen einfach, fast schon banal, aber der Schein trügt: „Holz erzählt von einer Zeit, in der ich nichts mehr von Musik wissen wollte. Das Vergleichen mit anderen Musikern, der Druck höher, schneller und weiter gehen zu müssen als andere hat mich von der Musik weggebracht. Ich habe damals in der Arbeit mit Holz Ablenkung und eine Art Therapie gefunden.“ Beim Bau von Schlagzeugkesseln, Regalen und Truhen findet Micha wieder zu sich selbst und langsam auch wieder Zugang zur Musik. Einen neuen Zugang: „Das Hören, der Versuch, das eigene Ego loszulassen durch das Zuhören ist für mich der Schlüssel zum gesunden Musizieren geworden.“

Ob Holz, Hillary Step, Procrastinator oder Arete: Jedes Stück hat seine eigene Identität und einen eigenen Charakter. Zwischen feinen Strukturen und kraftvollen Grooves wird ein empfindsamer Komponist sichtbar, der Geschichten erzählen kann, die zufällig entstanden sind, aber niemals beliebig klingen. Auf dem Cover steht Micha Jesske mitten in der Brandung. So ist auch seine Musik: fließend, ungestüm und von großer Tiefe.

Micha Jesske SMUK / Recordjet / LC 24625 / 4099885318627 / Vertrieb: Recordjet/Bandcamp

VÖ: 14.4.2023

LIVE

04.04 – Mannheim, Klappsmühle

16.04 – Rüsselsheim, Das Rind

17.04 – Köln, Heimathirsch

18.04 – Mannheim, SWR2 Jazz College, Alte Feuerwache

19.04 – Göppingen, Cafe Tresor

21.04 – Saarbrücken, Terminus

04.05 – Frankfurt, Club Voltaire

05.05 – Ludwigsburg, Jazzclub Ludwigsburg

Fotos I Cover